Montag, 29. Dezember 2014

Noch ein sehr interessantes Seil!

Das Seil wurde verwendet, um im Pendelverkehr im Halbmastwurf Personen abzulassen.

Die Enden sind noch gut beisammen, die Mitte ist sehr stark beansprucht.
Ich würde sagen, das Seil ist der Inbegriff der Ablegereife ....
Es ist gerade zwei Jahre alt und war etwas mehr als 1 Jahr im Einsatz.
Die wenig beanspruchten Enden geben sehr gute Vergleichswerte: Mit 22 kN in Ordnung.

Dort, wo der Knoten war, tritt der Kern durch den Mantel:




 An dieser Stelle hielt das Seil immer noch mehr als 16 kN.
Nun zur schwer beanspruchten Mitte. Vom Mantel ist nichts mehr übrig, vom Kern auch nicht mehr viel:


Das Seil ist dort deutlich dicker ... statt 10 mm (im bereich der Enden) mehr als 12,5 mm.

Hier ist das Video:

Das Seil hat gerade noch seinen Zweck, das Ablassen von Personen, erfüllt. geht man davon aus, dass ein Mensch mit 120 kg Lebendgewicht mit maximal 2,5 g abseilt, war noch 1 kN Reserve.
Die gute Nachricht zum Schluss: Das Seil war nicht sicherheitsrelevant.

Sonntag, 21. Dezember 2014

Ein Verbindungsmittel

Als Draufgabe noch ein Verbindungsmittel (Edelrid) von Faszinatour:
4 Jahre im Ensatz, 8 Jahre alt. Leichte Gebrauchsspuren, der Karabiner leicht abgenützt.
Da es aus Dynamikseil besteht, musste ein Mal "nachgespannt" werden ... 1 Meter Hub war nicht ausreichend.
Das ist eine beachtliche Bruchlast.
Dann interessierte mich noch der Karabiner.



Es ist zwar bekannt, dass Abnützungen die Bruchlast nicht herabsetzen, aber man weiß ja nie:

Mit 3.900 kg hielt er deutlich mehr als die angegebenen 2.400 kg.
Das beruhigt.


Samstag, 20. Dezember 2014

Ein Seil aus dem ASG 300 Hubgerät

Beim Faszinatour-Schatz war noch ein weiteres interessantes Seil dabei. Ein Seil von Edelrid aus einem ASG 300 Hubgerät.
3 Jahre im Gebrauch, aus dem Jahr 2009.

An dieser Stelle möchte ich an die Hersteller eine Bitte richten: Macht diese Kennstreifen aus widerstandsfähigem Material. Es gibt Hersteller die können das.

Dieses Seilwurde für ca. 1000 Ablassvorgänge und 300 Hubvorgänge verwendet.

Es hat zwei vernähte Enden mit Karabiner, einen weniger beanspruchten Teil in der Mitte und einen deutlich beanspruchten Teil bei den Enden.

Zuerst testete ich die vernähten Enden. Da sie mehr halten als ein Bulinknoten arbeitete ich mit Schlingscheiben:

 Die Bruchlast - wie zu erwarten - mehr als 1.400 kg. Im Neuzustand fordert die Norm 1.500 kg.
Dann testete ich das Seil alle paar Meter durch, insgesamt 15 Proben. Die Mitte konnte vom beanspruchten Rand gut unterschieden werden:


Interessant ist die statistische Auswertung.

Hier sind alle Proben aufgelistet, in aufsteigender Reihenfolge. 1 bedeutet vernähtes Karabinerende, 2 bedeutet Mitte, 3 bedeutet beanspruchtes Ende.


Charge Klasse Max Kraft extern Peak [N]



48.2.8. 3 9800
48.2.11. 3 10050
48.2.12. 3 10850
48.2.7.. 3 10900
48.2.10. 3 10900
48.2.4. 3 11450
48.2.13. 3 12150
48.2.3. 3 12500
48.2.5. 3 12750
48.2.15. 2 13250
48.2.9. 2 13750
48.2.1. 1 14200
48.2.6. 2 14200
48.2.14. 2 14400
48.2.2. 1 16000

Hier ist das Ergebnis visualisiert:



Vergleichbar sind die Ziffern 2 und 3, die jeweils mit Achterknoten und Bulin getestet wurden.





Das Bild dürfte klar sein: Der beanspruchte Teil hält weniger als der weniger beanspruchte.
Der  Korrelationskoeffizient beträgt -0,65.

Die gute Nachricht: Selbst der schwächste Teil mit 980 kg im Knoten ist noch mehr als ausreichend.




Donnerstag, 18. Dezember 2014

Ein interessantes Seil im Vergleich

Von Thomas Kracker (Faszinatour) habe ich perfekt dokumentiertes Material bekommen. Was für ein Weihnachtsgeschenk!















Dabei ist auch ein spannendes Seil:

Ein Aufzugsseil für den Giant Swing, das äußerst unterschiedlich aussieht: Der erste Meter (rote Farbe) war geschützt gegen Witterung und ist praktisch unbenutzt, der Rest teilweise komplett "durch". Das Einzigartige: Da ein Aufzugsseil nicht sicherheitskritisch ist, wurde es so lange verwendet, bis der Mantel durchgescheuert war.






Das perfekte Testobjekt!
Zuerst wird der neuwertige Abschnitt getestet:


oder hier: http://youtu.be/oxD20k8oVoM 

Dieser Teil hielt  also mehr als 2 Tonnen im Knoten.


 Danach testete ich den Teil, der am verschlissendsten war und selbst beim "sparsamsten" PSA-Prüfer als "längst ablegereif" erkannt worden wäre:

Auch dieses Video gibt es auf Youtube.
Mit knapp über 6 kN (nicht im Knoten!)  ist das Seil bemerkenswert geschwächt.




 Interessant auch noch, wie stark der Teil ist, der durchaus als verwendungsfähig eingestuft werden kann.

 Riss im Knoten bei über 900 kg, was durchaus noch im grünen Bereich ist.




Eine mikroskopische Aufnahme zeigt den Unterschied in der Struktur. Oben das "durchgewalkte" Teil, unten der geschützte Teil:


Interessant ist, dass die einzelnen Fasern des Kerns kaum sichtbare Unterschiede aufweisen:

Das neuwertige Referenzseil:

Das verschlissene Seil:

Was schon auffällt ist, dass die Fasern von schwächeren Seilen verbogen sind. Mir fällt eine Parallele zu Drahtseilen mit Schaden ein. Sehen die Drähte dieses Stahlseils im Bild rechts nicht ähnlich aus wie die Fasern eines  (benutzen) Polyamidseils?








Im Bild rechts ist der Kern eines (stark benutzten) Hallenseils, das bei 580 kg im Knoten gerissen ist.:

















 Im Vergleich dazu ein neues Seil (gleicher Typ):

Zusammenfassung

Dieses Seil stützt meine Hypothese, dass die Zeit kein Kriterium ist. 
Möglicherweise liegt  die Hauptursache für die Schwächung im "Biegewechsel", also wie oft das Seil unter Last über eine Umlenkung läuft. Dieser Frage werde ich im Jänner nachgehen ... da bekomme ich hoffentlich meinen "Toprope-Simulator".


Dienstag, 16. Dezember 2014

Ein erster vorsichtiger Trend

Ich habe einmal versucht, die ersten Daten auszuwerten: 84 Datensätze.
Dabei habe ich nur Seile, die mit Achterknoten oder im Bulin getestet wurden und dort gerissen sind.
Die Seile waren zwischen 1 und 40 Jahren alt. Das 54 Jahre alte Seil habe ich eliminiert, da so alte Seile wirklich nicht mehr verwendet werden.




Die Trendlinie ergibt praktisch keinen Trend.
Der Korrelationskoeffizient (wenn ich richtig gerechnet habe) beträgt 0,0219. Die Zahl gibt an, inwieweit das Alter und die Bruchlast zusammenhängen. Die Zahl liegt immer zwischen +1 und -1 (=jeweils sehr hoher Zusammenhang), wobei Null bedeutet: Kein Zusammenhang. Alles, was unter +/- 0,3 liegt, gilt als klein.

Wenn sich dieses Ergebnis bestätigt, dann bedeutet das im Klartext: Es gibt, bei bis zu 40 Jahre alten Seilen, keinen Zusammenhang zwischen Alter und Bruchkraft.
Daraus würde folgen, dass die Lebensdauer eines Seils nichts mit dem Alter zu tun hat.








Freitag, 5. Dezember 2014

Danke für die Unterstützung

Es ist für mich immer wieder bewegend, wenn mir alte Seile gebracht werden, die mit der Geschichte der jeweiligen Person verbunden sind.
So brachte mir Wolf ein Seil, das in den 1970er Jahren von seinem Vater gekauft worden war, jahrelang benutzt wurde, dann an den Sohn Wolf überging, der es immer wieder verwendet.
Ich bekam das Endstück mit dem Achterknoten.

Es ist relativ steif, aber immer noch im Bereich der Skala ("19"):




Optisch sieht es zwar benutzt aus, aber der Mantel ist intakt. Es erfüllt kein Ablegekriterium (außer das vom Hersteller vorgeschriebene Alter).
Wie viel dieses Seil gehalten hat?



1.350 kg (13.500 N). Das ist mehr als ausreichend. Zur Erinnerung: Die Seilendverbindung eines neuen Seils muss 1.500 kg aushalten.
 Da die Knotenfestigkeit ca. 50% ist, ist die Bruchfestigkeit des Seils mindestens 2 Tonnen.


Als Zwischenergebnis meiner bisherigen Untersuchungen kann ich - vorbehaltlich der statistischen Absicherung - festhalten:
Seile
Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Alter und Reissfestigkeit. Das bedeutet, dass ich Ablegekriterien nicht in Abhängigkeit vom Alter definieren kann, z.B. bei Nichtbenützung X Jahre, bei 1 x/Woche Y Jahre.

Gurte
Hier habe ich noch zu wenige getestet, aber sie scheinen das, was für Seile gilt, zu bestätigen. Beispiel: Ein 40 Jahre alter Gurt (Sitz/Brustgurtkombination) hielt 2.700 kg (dann Abbruch des Versuchs).

Schlingen (Bandschlingenmaterial)
Hier gab es Ausreißer nach unten, und hier gibt es auch dokumentierte Unfälle.
Schlingen würde ich nur mehr redundant verwenden.


Sonntag, 2. November 2014

Was hält ein 54 Jahre altes Kletterseil?

Ein Glücksfall schickte mir ein Kletterseil aus dem Jahre 1960. (Danke, Andreas Bostroem, für diesen Glücksfall).
In dieser Zeit gab es immer noch Leute, die Hanfseile verwendeten. Kunststoffseile zu verwenden galt als modern. Noch 1959 hieß es über die Italiener, sie nehmen gegenüber Kunstfaserseilen eine abwartende Haltung ein: Die Produzenten der Langhanfseile seien bestrebt, am Markt zu bleiben.



Nun lag so ein neumodernes Bergseil auf meinem Schreibtisch, ein 8 mm Kletterseil aus Perlon (Handelsname für Polyamid der IG Farbwerke - in den USA hieß es Nylon von der Fa. DuPont).
Es muss ähnlich dem Seil aus der nebenstehenden Werbung sein.














Im Neuzustand sollte dieses Seil um die 1.100 kg halten, wie man aus einem Inserat aus dem Jahre 1957 entnehmen kann:
Das bedeutet, wenn man es mit einem Knoten verwendet (Bulin oder Achterknoten), dann muss man diese Zahlen halbieren, also hätte das Seil ca. 550 kg gehalten.
Das Seil war lange Jahre als Kletterseil im Einsatz gewesen und nach seiner Ausmusterung noch 20 Jahre zum Bäume Fällen benutzt worden.
Man kann sagen: Ziemlich benützt ...

Im Mikroskop sieht man genau die Risse der äußeren Fasern:

Es war auch ziemlich steif ...

Ich war gespannt, so wie das Seil auf meinem Prüfstand. Ich wählte den Achterknoten ...


Hier ist ein Film ...


oder auf youtube:
http://youtu.be/BTQH3FHiCZ4

Wenn man die Bruchlast hochrechnet, dann kommt man auf einen Festigkeitsverlust von ca. 50 bis 60%.
 

Die Seilprobe war im übrigen ziemlich konstant, zwei weitere Proben mit Bulinknoten zeigten die gleiche Bruchlast, alle im bereich von 220 bis 240 kg.

Wenn man die Sicherungstechnologie in dieser Zeit eingesetzt hätte, dann würde das noch weit ausreichen.  Bis in die 1970er Jahre sicherte man Vorsteiger wie Nachsteiger so:

Bei Körpersicherung mit Halbmastwurf übrigens auch ...

Sonntag, 19. Oktober 2014

Testanlage für Flexibilität

Die Flexibilität bzw. Biegsamkeit, Geschmeidigkeit ist für viele Leute ein wichtiges Kriterium. Je älter ein Seil, desto steifer wird es.
Ausnahme sind Kletterseile, die durch vielfachen Gebrauch weich werden.

Die EN 1891 für Statikseile schreibt ein Verfahren vor, wo ein "genormter" Knoten gemessen wird:




 Das ist eine gute Idee, um die Steifigkeit eines Seiles zu messen. Je steifer, desto weniger zieht sich bei genormter Belastung der Knoten zusammen.


Das Loch wird mit einer speziellen Lehre gemessen.


Hier möchte ich die Forma W.A . Richter's Söhne GmbH in Wien hervorheben, die mir diese Lehre (und noch einige andere Dinge) geschenkt hat. Mittels CNC Maschine haben sie das Teil hergestellt.
Herzlichen Dank für die Unterstützung!!!









Da ich keine Normprüfung sondern nur vergleichende Experimente mache, vereinfache ich diesen Test vor allem aus dem Grund, weil ich oft nur kurze Seilstücke zur Verfügung habe. Ich mache nur einen Knoten und messe den.

 Ich spanne das Seil gleich in ein Seilschloss (unteres Ende) ein, wie ich es danach für den zerreisstest brauche. Das hat erfreulicherweise den einen Kilo, den ich brauche. Darunter habe ich die 9 zusätzlichen Kilo.

Und im Bild sieht man die Messlehre. ich finde, sie sieht richtig geil aus!

Ich bin schon gespannt, ob es einen Zusammenhang zwischen Knotbarkeit (Flexibilität) und Reißfestigkeit gibt.


Meine Hypothese: Es gibt keinen Zusammenhang.

Montag, 13. Oktober 2014

Ein Kletterhallenseil hält weniger als 6 kN

Bereits das zweite Mal, dass ein Kletterseil deutlich weniger hält als ich es erwartet habe:
Ein ausgeschiedenes Topropeseil einer Kletterhalle. Vorher wurde es als Vorstiegsseil verwendet.
Also wirklich intensiv genutzt.
Ich habe es mit einem Bulinknoten eingespannt, da der Bulin weniger Bruchlast hat als der Achter.

Zu meiner Überraschung ist der Kern gerissen:

 ... und dann erst der Mantel.



Ein Blick auf die Kräfte ist dann überraschend:

Der Kern ist bei 5,8 kN gerissen, der Mantel hätte dann noch immerhin 450 kg gehalten.

Ich testete dann noch den Anseilknoten: für die Topropestationein schrumpfschlauchgesicherter Achterknoten:



Interessant ist, dass der Anseilknoten die üblichen Bruchlastwerte aufweist: Mehr als 1200 kg.

Das alles lässt die Vermutung aufkommen, dass es innere Verschleißerscheinungen sind. Dafür spricht, dass zuerst der Kern gerissen ist und auch, dass der Kern ziemlich viele lose Fasern aufweist:



Das Seil ist übrigens innen geflochten, nicht wie frühere Seile aus einem Dutzend paralleler Litzen aufgebaut.
Ich sehe noch keine unmittelbare Gefahr, das sagt auch die Erfahrung: Wenn die Seile bis über die Belastungsgrenze beansprücht würden, dann wäre schon lange eines gerissen ... das ist bisher noch nicht passiert (zumindest nicht bekannt).
Ich werde weiterhin nach der Ursache suchen.
Anmerkung:
 Was man wissen sollte: Ich habe das Seil mit dem Bulin getestet. Das Seil hält, ohne Knoten, an dieser Stelle das Doppelte. Da der Endknoten des Seils das Doppelte gehalten hat, würde ich annehmen, dass das Seil mehr als 10 kN (1 Tonne) gehalten hätte, wenn man es als normales Seil verwendet.
Damit dieses Seil reißt, müsste man es an der Schwachstelle abschneiden und dort anseilen und dann einen sehr starken Sturz in den Stand, statisch mit Grigri gesichert, machen. Diese Kombination  dürfte ziemlich selten sein.