Mittwoch, 20. November 2019

Achtung Verwechslungsgefahr!

Es gibt Seile auf dem Markt, bei denen ich eine Gefahr sehe, dass man sie verwechselt - möglicherweise mit schwerwiegenden Folgen:

Es gibt hochfeste Seile, oft auch genannt Leinen, bei denen mit kleinen Durchmessern hohe Festigkeiten erreicht werden. Mit einem Nachteil: Die Dehnung ist so gering, dass es bei einem statischen Sturz entweder zu Verletzungen oder zum Riss kommen kann.
Unter "statischem Sturz" verstehe ich: Nur das Seil dämpft (und die Knoten), es ist kein Sicherungsgerät zwischengeschaltet (wie Mensch auf Gletscher, der umgerissen wird oder ein Halbmastwurf).

Es gibt Kletterseile, die haben so viel Dehnung,dass ein statischer Sturz ohne schwere Verletzungen aufgefangen und gedämpft wird.

Und es gibt Reepschnüre, die kaum Dehnung haben - mit einer Ausnahme: Die RAP Line II von Edelrid wirkt auf Grund der Dehnung wie ein Kletterseil.

Hier geht es um folgende Produkte, wobei schon die Namen verwechslungsanfällig sind:

RAP Line (Edelrid)
RAP Line II (Edelrid)
RAD Line (Petzl)

Verwechslungsmöglichkeiten:

Möglichkeit 1:

Die RAP Line ist aus hochfesten Fasern, hat praktisch keine Dehnung, führt bei kleinen statischen Stürzen zu Verletzungen oder zum Riss.
Die RAP Line II ist aus Polyamid, hat gute Dehnung, allerdings nur halbe Bruchlast, die bei Nässe noch weiter abfällt.

Auf der Edelrid Homepage wird das unklar gehandhabt:


 Unten, bei Gebrauchsanleitungen findet man statt der für die RAP Line, die für die RAP Line II

 Möglichkeit 2:

Verwechslung hyperstatischer Leine mit dynamischem Kletterseil:
Die hyperstatische RAP Line sieht so aus:

Im Vergleich dazu sieht ein dynamisches Kletterseil von Edelrid so aus:



Der sichtbare Unterschied liegt in weniger als 2 mm Durchmesser.


Möglichkeit 3


Es gibt die RAD Line und die RAP Line II.

Hier sieht man den Unterschied:

Ihr könnt raten, welche welche ist. 
Die eine ist aus hochfesten Fasern mit einer Knotenfestigkeit von ca. 9 kN, die andere hat eine Knotenfestigkeit von ca. 4,5 kN, also nur die Hälfte.




Kommentar:
Früher war es einfach: Es gab eine Übereinkunft, dass dynamische Seile bunt sind und statische Seile einfärbig. Auf den ersten Blick konnte man beide unterscheiden. Ein Hersteller hatte plötzlich die "brilliante" Idee, dieses System zu kippen: Er brachte ein einfärbiges dynamisches Seil heraus.
Mittlerweile haben wir einen kompletten Sauhaufen im Design, was dazu führt, dass man dynamische und halbstatische Seile optisch nicht mehr unterscheiden kann. Also gravierende Nachteile, ohne einen Vorteil.

Nun passiert das gleiche mit den hyperstatischen Seilen. Anstatt sich auf ein Design zu einigen besteht "Kraut und Ruam", auf deutsch komplettes Durcheinander - also schwere Verwechslunggefahr.

Liebe Hersteller, könnt Ihr Euch bitte auf eine einfache Regel einigen? Das kann Leben retten.